top of page

Phytoöstrogene in den Wechseljahren: Sinnvoll oder wirkungslos?

Lassen sich Beschwerden in den Wechseljahren durch Phytoöstrogene lindern?



Viele Frauen ab dem 45. Lebensjahr sind von Wechseljahrsbeschwerden geplagt. Typische Beschwerden in dieser Zeit sind Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Konzentrationsschwäche und Kreislaufschwierigkeiten. Ist der psychische und physische Leidensdruck besonders groß, werden häufig Hormontherapien verschrieben - die jüngst immer öfter in der Kritik standen. Als Alternative dazu gelten pflanzliche Hormone, so genannte Phytoöstrogene. Diese natürlichen Östrogene sollen den Östrogenhaushalt auf ähnliche Weise regulieren und so Wechseljahrsbeschwerden lindern.




Die Wechseljahre


Unter den Wechseljahren wird die Phase der hormonellen Umstellung des weiblichen Körpers in den Jahren vor und nach der letzten Regelblutung verstanden. Damit geht die Verringerung der Östrogenproduktion in den Eierstöcken und das Ende der Fruchtbarkeit einher.

Bei den meisten Frauen setzen die Wechseljahre mit Mitte 40 ein. Bis zum Einsetzen der Menopause ( = letzte Regelblutung) vergehen einige Jahre mit unregelmäßigen Zyklen.

Die hormonelle Umstellung verursacht ein hormonelles Ungleichgewicht im Körper, das verschiedene körperliche und psychische Beschwerden verursachen kann.

Zu den häufigsten Problemen zählen:


  • plötzlich auftretende Hitzewallungen

  • Schlafstörungen

  • Kreislaufbeschwerden

  • Haarausfall / trockenes Haar / fettiges Haar

  • Reizbarkeit, Panikattacken, depressive Verstimmungen

  • Müdigkeits- und Erschöpfungserscheinungen





Hormontherapie in den Wechseljahren


Eine Hormontherapie oder auch Hormonersatztherapie in den Wechseljahren dient nicht dazu, den Hormonhaushalt wiederherzustellen. Sinn der Hormonpräparate ist die Linderung von ausgeprägten Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen oder urologischen Leiden, die den Alltag betroffener Frauen stark beeinträchtigen können.


Die Einnahme der Hormone kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen z.B. als Tablette oder Dragee, als Pflaster, Gel oder Zäpfchen bei lokalen Beschwerden. Wie lang die Behandlung andauert und in welcher Dosierung sie erfolgt, wird individuell mit dem behandelnden Arzt abgeklärt. In der Regel werden die Hormone so lange eingenommen, bis eine Verbesserung der Beschwerden eintritt.





Was sind Phytoöstrogene?


Phytoöstrogene sind natürlich vorkommende, sekundäre Pflanzenstoffe, die chemisch den Polyphenolen zugeordnet werden. Sie kommen insbesondere in bestimmten Getreidesorten, Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse vor wie z.B. Soja oder Rotklee. Ihre Bezeichnung gründet auf ihrer Struktur und Wirkung, die der der Östrogene im menschlichen Körper ähnelt. Daher werden sie auch als östrogenähnlich beschrieben.

Die unterschiedlichen Phytoöstrogene werden drei Strukturklassen zugeordnet:


  • Isoflavone (Genistein, Daidzein)

  • Lignane (Enterodiol, Enterolacton)

  • Coumestane (Coumestrol)


Im Zusammenhang mit Phytoöstrogenen taucht meist auch der Begriff Phyto-SERM auf. SERM steht dabei für Selektiver Estrogen-Rezeptor-Modulator. Ein Phyto-SERM bindet an die Östrogen-Rezeptoren im Körper, die Wirkung ist jedoch deutlich schwächer als beim körpereigenen Östrogen. Je nach Gewebe entfaltet ein Phyto-SERM keine generelle Hormonwirkung, sondern eine hormonregulierende Wirkung.





Hormontherapie mit Phytoöstrogenen


Als Alternative zu synthetischen Hormonen wird der Einsatz von Phytoöstrogenen bei Wechseljahrsbeschwerden immer beliebter, denn ihre deutlich schwächere östrogene Wirkung verursacht weniger Nebenwirkungen.


Zurückzuführen ist diese Trendwende auf die Erkenntnis, dass bei Frauen aus dem asiatischen Raum kaum Wechseljahrsbeschwerden auftreten - also dort, wo Soja einen Hauptbestandteil der Ernährung ausmacht. Soja enthält Isoflavone, die als die wirkstärksten Phytoöstrogene gelten. Daraus traf man die Annahme, dass die Aufnahme östrogenartiger Substanzen mit der Nahrung Beschwerden in den Wechseljahren reduzieren kann.

Am häufigsten werden Isoflavone aus der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa), der Sojapflanze (Glycine max (L.) Merr.) und dem Rotklee (Trifolium pratense) in der Hormonersatztherapie eingesetzt.

Isoflavon-Präparate aus Soja und Rotklee werden im Gegensatz zu Produkten aus der Traubensilberkerze nur als Nahrungsergänzungsmittel angeboten, da sie nicht als zugelassene Arzneimittel erhältlich sind.





Wirksamkeit von Phytoöstrogenen


Viele Frauen bevorzugen pflanzliche Hormone anstelle der klassischen Hormontherapie mit synthetischen Präparaten bei der Behandlung ihrer Beschwerden. Dabei unterstützen wissenschaftliche Erkenntnisse die angenommene Wirksamkeit meist nicht zu genüge.



Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa):


Die Traubensilberkerze ist einer der am intensivsten untersuchten Phyto-SERMs und kein Phytoöstrogen im eigentlichen Sinne. Hier ist die Datenlage zu der Wirkung recht eindeutig. Eine Vorreiterrolle nimmt dabei das Spezialextrakt iCR ein.


Präparate aus der Traubensilberkerze können Studien zufolge typische Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen und Schlafstörungen signifikant verbessern. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass sie für die Osteoporose-Prävention geeignet sind.

Cimicifuga-Produkte sind unter den Phyto-SERMs die einzigen, die offiziell als Arzneimittel zugelassen sind.




Sojapflanze (Glycine max (L.) Merr.)


Neben der Traubensilberkerze werden auch Isoflavone aus Soja als Mittel gegen Beschwerden in den Wechseljahren gehandelt. Zwar gibt es Nahrungsergänzungsmittel mit Isoflavonen aus Soja, allerdings keine zugelassenen Arzneimittel, so wie es bei der Traubensilberkerze der Fall ist.

Nachgewiesen ist, dass Soja-Isoflavone östrogenähnlich wirken. Ihre Wirksamkeit bei Wechseljahrsbeschwerden ist aber umstritten und wissenschaftlich nicht eindeutig nachgewiesen. Unterschiedliche Studien konnten weder einen verbessernden, noch einen verschlechternden Effekt belegen.




Rotklee (Trifolium pratense)


Mit Rotklee-Isoflavonen verhält es sich ähnlich wie mit den Soja-Isoflavonen.

Aktuell liegen noch keine aussagekräftigen, klinischen Daten vor, die die Wirksamkeit von Rotklee-Präparaten belegen. In Untersuchungen konnten keine positiven oder negativen Auswirkungen festgestellt werden, demnach ist der Einsatz bei Hitzewallungen, Schweißausbrüchen und ähnlichen Leiden ist nach wie vor umstritten.

Präparate mit Rotklee werden ebenfalls als Nahrungsergänzungsmittel angeboten und dürfen nicht explizit als Mittel gegen bestimmte Wechseljahrsbeschwerden beworben werden.





Phytoöstrogene: Nebenwirkungen


Oftmals ist es die Angst vor den Nebenwirkungen, die viele Frauen von der klassischen Hormontherapie abhält und alternative Wege interessant erscheinen lässt.


Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass die Einnahme von Phytoöstrogenen selten Nebenwirkungen hervorruft.

Zu den möglichen Nebenwirkungen bei der Traubensilberkerze zählen: Magenschmerzen und Übelkeit, Durchfall, Wassereinlagerungen oder Hautreaktionen wie Ausschlag/Rötungen.


Bei anderen isoflavonhaltigen Präparaten können ähnliche Beschwerden auftreten. Grund dafür kann jedoch auch eine Unverträglichkeit gegenüber Sojaeiweiß sein. Bei allergischen Reaktionen sollten die Einnahme daher sofort beendet werden.


Bei einer langfristigen Hormonersatztherapie mit pflanzlichen Hormonen ist die Datenlage derzeit noch nicht ausreichend, um eindeutige Aussagen über Langzeitwirkungen treffen zu können. Die Dauer der Einnahme und Dosis dieser Mittel sollte daher immer in Absprache mit einem Arzt erfolgen.





Phytoöstrogene und Brustkrebs


Wie sich die Einnahme von Phytoöstrogenen, insbesondere Isoflavone, auf das Brustkrebsrisiko auswirkt, wird stark diskutiert.

Die Datenlage zu den Auswirkungen ist aktuell noch widersprüchlich - es kann weder eine Empfehlung, noch eine Warnung ausgesprochen werden. In einigen Studien konnten bei Sojaisoflavonen einerseits krebshemmende und andererseits krebsfördernde Effekte beobachtet werden.


Grundsätzlich ist also Vorsicht bei Krebserkrankungen geboten: Frauen, die bereits an hormonabhängigem Krebs erkrankt sind (Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs) oder ein erhöhtes Risiko haben, daran zu erkranken, sollten östrogenähnliche Pflanzenpräparate keinesfalls unbeaufsichtigt einnehmen.





Fazit


Wer sich für die Einnahme von Phytoöstrogenen zur Linderung von Wechseljahrsbeschwerden entscheidet, sollte je nach Produkt auf die wissenschaftlich erwiesene Wirksamkeit achten. Diese ist nach aktuellen Erkenntnissen lediglich bei Extrakten aus der Traubensilberkerze gegeben. Präparate aus dieser Pflanze werden den Phyto-SERM zugeordnet und können typische Probleme in den Wechseljahren verbessern.


Im Unterschied dazu konnte die Wirksamkeit aus Soja- und Rotkleeprodukten bisher nicht klinisch nachgewiesen werden. Dementsprechend sind sie auch nicht als apothekenpflichtige Mittel erhältlich, sondern werden nur als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben.


Nebenwirkungen muss man bei der Einnahme immerhin nicht fürchten: Diese fallen bei der Einnahme vergleichsweise gering aus. Vor allem Präparate aus der Traubensilberkerze gelten gemeinhin als sehr gut verträglich.


Nichtsdestotrotz sollte die Hormonersatztherapie mit östrogenartigen Substanzen nur in Rücksprache mit einem Arzt bzw. unter ärztlicher Aufsicht erfolgen - besonders dann, wenn Vorerkrankungen bekannt sind.

bottom of page